(1) Klarapfel
Eine der ersten Apfelsorten, die in hiesigen Breiten zur Reife gelangt, ist der Weiße Klarapfel. Bei uns im Erzgebirge eigentlich nur unter den Pseudonymen „Weizapfel“ oder „Auguster“ bekannt, damit soll wohl ausgedrückt werden, dass die Frucht etwa mit dem Weizen, also im August reift. Auf Gund der extremen Frosthärte des Holzes hat es die Sorte, die ursprünglich um 1850 aus dem Baltikum nach Frankreich gelangte, über ganz Europa bis in die Höhen des Erzgebirges geschafft. Der Klarapfel ist kaum mehr als zwei, drei Tage lagerfähig, am besten schmeckt er vom Baum. Wegen eventueller Magen und Darmprobleme dürfte es wohl kaum möglich sein, die Früchte eines kompletten Baumes in kürzester Frist zu verspeisen, das macht nichts, denn auch in Zeiten von Überfluss von Apfelerzeugnissen in Supermärkten wird die Apfelsorte immer noch gerne zu Apfelmus bereitet. Jede Hausfrau (oder Mann) wird bestätigen, dass dieser einfach köstlich schmeckt. Wegen der hohen Vitalität gehört der Baum in jeden Hausgarten oder auf jede Streuobstwiese
(2) Schöner von Boskoop
- Wenn man über Äpfel spricht, kommt man am Boskoop wohl kaum vorbei. Immer noch findet man viele Liebhaber dieser süßsauren Frucht, die mit vollständigen Namen – Schöner von Boskoop – heißt. Diese Sorte wurde 1856 im holländischen Ort Boskoop gefunden, hier hat also die Natur ein wohlschmeckendes Werk getan. Welche die Muttersorte ist, gilt als unsicher. Gezielte Kreuzungen waren zu dieser Zeit noch nicht in „Mode“, die sehr alten Sorten sind also Zufallsprodukte, somit irgendwann aus einem Kern einer anderen Sorte entstanden. Wer nun glaubt, schlau zu sein und schnell ein paar Kerne dieses Apfels ins Erdreich bringt, um zu warten bis an den jungen Bäumchen plötzlich leckere Boskoop hängen, wird bitter enttäuscht sein. Man findet alles Mögliche und Unmögliche, nur nicht die gewünschte Frucht. Die damals plötzlich entstandene Frucht konnte man nur über Veredelungstechniken, mittels Reiser oder Knospen erhalten und vermehren. Es hat also tatsächlich einen Mutterbaum gegeben. In der Antike müssen das Veredeln schon schlaue Leute gekannt haben, den Griechen und Römern waren schon edle Sorten bekannt, die sie immer weiter veredelten und heute noch existieren. Die Apfelsorte „Sternapi“ hat es bereits im Römischen Reich gegeben, mit der Expansion bis nach Westeuropa gelangte damit auch diese Sorte zu uns.
- Auf Grund seiner vielen positiven Eigenschaften, vor allem seiner guten Transportfähigkeit, schafft es die Tafelfrucht durchaus noch in die Regale der Supermärkte, allerdings ist das meist eine rotschalige Form. Jetzt wird,s verrückt, auch das hat die Natur fabriziert, ein gewisser Herr Schmitz-Hübsch aus dem Rheinland fand 1923 „Mir – Nichts – Dir – Nichts“ plötzlich und unerwartet an einem Spross einen rotschaligen Boskoop, (der etwas süßer schmeckt ) obwohl doch eigentlich nur der grüngelbe Boskoop am Baum hängen sollte. Die Erklärung ist ziemlich simpel, durch Umwelteinflüsse, Klima, Sonne etc. ( Mutation ) wurde diese Form gebildet. Der Rote Boskoop hat also nicht mal einen Mutterbaum, lediglich einen Mutterspross sozusagen. Dieses Phänomen der Rotschaligkeit konnte man auch bei anderen Sorten wie Berlepsch – Roter Berlepsch oder Goldparmäne – Rote Goldparmäne (Rogo), beobachten. Seit dem glücklichen Fund 1923 hat die Sorte ihren Siegeszug durch Europa, ja rund um den Erdball angetreten. Warum es der schmackhafte Apfel und andere alte Sorten heute dennoch schwer haben, soll in einer der nächsten Ausgaben erörtert werden.
(3) Petersbirne
Wer kennt sie nicht von den „Alten“, die Petersbirne, die im Sächsischen Raum nur als Weizenbirne bekannt sein dürfte. Dieses Synonym zeigt ebenso wie beim „Weizenapfel“ den Reifezeitpunkt an. Die Sorte, die mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Sachsen stammt und schon 1799 beschrieben wurde, trumpft mit einem einmaligen, sortentypischen Geschmack auf. Leider sind in den vergangenen Jahren viele Bäume dem Birnengitterrost, einer Krankheit, die beispielsweise durch den Kriechenden Wacholder, den Sadebaum etc. ausgelöst wird, zum Opfer gefallen. In diesem trockenen, warmen Sommer (2015) konnten die totbringenden Sporen weniger Schaden anrichten. Als Dank spendete der Baum ansehnliche, wohlschmeckende Früchte. Positiv ist zu vermerken, dass die Sorte in Obstbaumschulen wieder angeboten wird.
(4) Berlepsch
Den Geschmack der Apfelsorte „Goldrenenette Freiherr von Berlepsch“, kurz Berlepsch genannt, kann man mit feinzellig, saftig, aromatisch oder edelweinig beschreiben. Bei der Sorte handelt es sich um eine Kreuzung aus „Ananasrenette“ und „Ribston Pepping“. Es wurde von einem gewissen Herrn Uhlhorn bewusst diese beiden Partner zusammengebracht, das heißt, der Berlepsch ist eine Apfelschöpfung. Mit den Erkenntnissen der Vererbungslehre begann man zum Ausklang des 19. Jahrhunderts zielgerichtet mit Neuzüchtungen. Folglich entstanden Institute u. a. in Geisenheim oder Müncheberg, sehr bekannt dürfte das Institut in Pillnitz ( bei Dresden ) sein. Bemerkenswert ist, dass die Frucht einen hohen Vitamin C- Gehalt aufweist, selbst nach wochenlanger Lagerung, schon welkend, wurde bei Versuchen ein kaum abfallender Wert festgestellt. Man fragt sich nun, warum kann man diesen Apfel bei all den guten Eigenschaften nirgends kaufen. Vielleicht zu klein, zu blass. nicht süß genug ? Nur wenigen Sorten schaffen es heutzutage ins Regal von Discountern, oftmals sind das Neuzüchtungen, die eben diese Eigenschaften wie, Krankheitsresistenzen, Transportfähigkeit, Größe, Kühllagerfähigkeit, Süße, mitbringen. Sehr viele Sorten aus Großvaters Garten wird man vergeblich im Handel suchen, weil die eben nicht alle diese Eigenschaften mitbringen. Es ist Enthusiasten und Vereinigungen zu verdanken, dass eine gewisse Sortenvielfalt erhalten wird, schließlich ist auch diese Vielfalt als kulturelles Erbe zu verstehen und keiner kann heute sagen, welche „Obstgene“ bei veränderten Umweltbedingungen in Zukunft gebraucht werden. Das reges Interesse am Thema besteht, zeigen Obstausstellungen u.a. in der Naturherberge Affalter, eine nicht enden wollende Besucherschar staunte über die Vielfalt der gezeigten Früchte. Manch einer konnte kaum glauben, dass die ausgestellten knapp 100 „alten“ Sorten, lediglich in einem Radius von etwa 5 Kilometer um die Naturherberge gesammelt wurden. Eine Vielfalt, die es zu erhalten gilt !
-aus „Deutschlands Obstsorten“
(5) Conference
Eine der wohlschmeckendsten Birnensorten ist zweifelsfrei die Conferencebirne. Breit anbaufähig bis in Höhenlagen, ist die Sorte ist für alle Baumformen, von der Spindel bis zum Hochstamm geeignet, selbst am Spalier auf schwachwachsender Quittenunterlage, macht sie eine gute Figur. Eine der großen Stärke der Frucht ist die gute Lagerfähigkeit, was man von anderen Birnenkolleginnen nicht behaupten kann. Baumreif – nicht genussreif (!) lässt sich die Frucht in geeigneten, kühlen Kellern einige Wochen lagern und schmeckt dann immer noch köstlich. Diese Eigenschaft macht sich die „Obstindustrie“ und Handel zu Nutze, folglich kann man in Obstregalen der Supermärkte und auf Wochenmärkten einige Monate die „Conference“ erwerben.
Man darf sich fragen: Wer hat dieser edlen Frucht solch einen profanen, seltsamen Namen verpasst? Warum nicht „Schöne von…., „Köstliche aus….. „Gräfin oder Prinzessin, wie man andere Birnensorten bezeichnet hat? In England von der Baumschule „Rivers & Son gezüchtet, zur Birnenkonferenz 1885 in Chiwick erstmalig ausgestellt und sofort den 1. Preis abgeräumt. Die Folge: nach 10 Jahren auf der britischen Insel und darauf weltweit verbreitet. Es ist also den Lords und Ladies in England nichts Besseres eingefallen, diese Birne nach dieser „Conference“ zu nennen, obwohl sie doch eine wahre Queen ist.
Foto: Andreas Bochmann